Streik-Wochenende

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“Erzwingungsstreiks bei der Deutschen Bahn vom 17. Oktober um 15 Uhr im Güterverkehr und vom 18. Oktober 2014 um 2 Uhr im Fern- und Regionalverkehr bis zum 20. Oktober um 4 Uhr”

So stand es auf der Homepage der GDL zu lesen. Ein ganzes Wochenende S-Bahn-Streik. Ich bin froh, dass wir in der Zeit nicht nach München mussten. Wir sind am Montag (20.10.) wieder mit dem Auto gefahren, wobei ich vor der Abfahrt aber noch auf dem Live-Fahrplan festgestellt habe, dass die S-Bahn um 06:24 Uhr anscheinend doch pünktlich gefahren ist.

Die Fronten sind offenbar verhärtet. Worum geht es eigentlich? Da scheint sich einiges angesammelt zu haben, nach der GDL-Homepage zu urteilen:

Der letzte Punkt scheint der Knackpunkt zu sein: die Frage der Tarifpluralität. Bis 2010 galt in Deutschland das Prinzip der Tarifeinheit (ein Betrieb, ein Tarifvertrag). Im Jahr 2010 rückte das Bundesarbeitsgericht dann aber von diesem jahrzehntelang angewandten Prinzip ab; seitdem gilt Tarifpluralität (mehr im Wikipedia-Artikel). Damit wird jetzt der Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer mehr Bedeutung zugemessen als dem Aufwand des Arbeitgebers, verschiedene Tarifverträge nebeneinander zu beachten.

Die Bahn müsste also Schaffner Mayer anders bezahlen als Schaffner Müller, wenn die beiden in verschiedenen Gewerkschaften sind, nämlich nach dem mit der jeweiligen Gewerkschaft ausgehandelten Tarifvertrag. Dagegen scheint sie sich mit Händen und Füßen zu wehren. Es klingt ja auch irgendwie seltsam, irgendwie sogar ungerecht; andererseits gelten für beider Kollegen Schulze, der noch zu Bundesbahn-Zeiten verbeamtet wurde, tatsächlich andere Bedingungen.

Für die GDL auf der anderen Seite bedeutet Tarifpluralität, dass sie nicht mehr für alle Lokführer verhandeln kann, sondern nur für die, die Mitglied in der GDL sind. Aber eben auch, dass sie für ihre anderen Mitglieder, also Zugbegleiter, Bordgastronomen, Disponenten, und keine Ahnung wen sonst noch (ich bin kein Bahn-Experte), verhandeln kann (und letztlich vermutlich sogar muss, weil sie eine Verpflichtung gegenüber ihren Mitgliedern hat).

Natürlich können die Gewerkschaften sich zusammen tun und die Aufgaben/Zuständigkeiten untereinander verteilen. Auch das fällt unter Koalitionsfreiheit.

Nachtrag

Zur Reduzierug der Überstundenbelastung hat die Bahn übrigens angekündigt, im nächsten Jahr 200 Lokführer einstellen zu wollen. Die GDL bezeichnet das als Tropfen auf dem heißen Stein, da die in den letzten Jahren angehäuften Überstunden 1800 Mannjahren entsprächen. Klingt fast so, als müssten eigentlich 1800 Lokführer eingestellt werden, aber die Überstunden sind ja nicht im Laufe eines einzigen Jahres angefallen. Wenn sie sich gleichmäßig auf drei Jahre verteilen, dann fehlen “nur” noch 600 Lokführer (man beachte, dass ich hier mangels konkreter Zahlen mindestens 3 Annahmen mache, die wahrscheinlich alle falsch sind: 3 Jahre, gleichmäßiger Anfall von Überstunden, und unveränderte Anzahl derer, die diese Überstunden leisten). 200 sind dann immer noch viel zu wenig; “Tropfen auf dem heißen Stein” finde ich aber zu krass ausgedrückt.

Kategorie: S-Bahn
Schlagwort: Streik
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